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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : EU-Rat drängt auf unbeschränkte Patentierbarkeit von Software



tuxipuxi
23-02-2004, 17:02
EU-Rat macht sich für grenzenlose Softwarepatente stark

Schneller als erwartet hat der Rat der Europäischen Union unter seiner irischen Präsidentschaft Position zur heftig umstrittenen Frage der Patentierbarkeit von Software bezogen. Das entsprechende Arbeitspapier soll am 2. März von der Ratsgruppe "Geistiges Eigentum" diskutiert werden. Doch schon vorab stößt es auf heftige Kritik von Softwarepatentgegnern wie dem Förderverein für eine Freie Informationellen Infrastruktur (FFII), der das Dokument auf seiner Website kommentiert hat. Grund für die Aufregung: Die Experten des Ministerrats wollen fast alle Grenzen der Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen" wieder zurücknehmen, die das Europaparlament nach langen und heftigen Debatten im September beschlossen hatte.

"Gestrichen" oder "umformuliert" ist die Standardformel in den Fußnoten, wenn der neue Text auf die Änderungen der Abgeordneten zu sprechen kommt. Zwar macht der Rat einzelne kleine Zugeständnisse an das Lager der Softwarepatentkritiker: So sollen die Auswirkungen der EU-Gesetzgebung laut Artikel 7 "insbesondere auf die kleinen und mittleren Unternehmen und die Open-Source-Bewegung" hin untersucht werden. Von einem "Kompromiss" könne dennoch keine Rede sein, stemmt sich der FFII gegen die Argumente des Rats. "Es ist, als wenn als Ergebnis einer Diskussion über Tempolimits auf den Straßen nicht nur die Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgehoben, sondern auch noch die Gurtpflicht abgeschafft würde", kommentiert der belgische FFII-Sprecher Jonas Maebe die Kehrtwende in Brüssel.

Was den Verband besonders beunruhigt, ist die erneute Entgrenzung der begrifflichen Fassung "computerimplementierter Erfindungen". So soll der "technische Beitrag", der für die Gewährung des staatlich gewährten Monopolschutzes in Form eines Patents eigentlich entscheidend ist, sich nun allein daran bemessen lassen, "inwieweit sich der Gegenstand des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit [...] vom Stand der Technik abhebt." Damit würden sich die Autoren des Rats auf die so genannte Ganzheitslehre berufen, kritisiert Hartmut Pilch vom FFII. Diese gelte in der gesamten aktuellen Fachliteratur jedoch als "indiskutabel", da damit letztlich jeder Schutzanspruch als "technisch" bezeichnet werden könne. Dies beträfe auch die Patentierbarkeit von Geschäftsmethoden, die der Rat -- genauso wie die Kommission und das Parlament -- eigentlich als nicht schutzfähig aus der Richtlinie ausschließen will. Der Kern der bisherigen Patentbestimmungen und der überarbeiteten Richtlinie, wonach die Datenverarbeitung nicht als Gebiet der Technik gilt, gehe damit verloren, warnte Pilch im Gespräch mit heise online. Ein solcher Ansatz verstoße sogar gegen internationale Abkommen wie die TRIPS-Übereinkunft im Rahmen der World Intellectual Property Organization (WIPO), auf die sich die Patentlobby ansonsten so gerne berufe. Eine klare Definition des Technikbegriffs sei in der Richtlinie unerlässlich.

Als Provokation sieht der FFII ferner den Versuch des Rats, Patentansprüche letztlich mit dem wieder entdeckten Artikel 5 (2) auch auf Computerprogramme im Quellcode zu gewähren. Hier befürchteten die Patentgegner vor allem, dass die Publikationsfreiheit von Software drastisch eingeschränkt werden soll. Sie sehen Entwickler und Distributoren von Software ebenso wie andere Informationsmittler wie etwa Internet-Zugangsanbieter damit "direkt den schweren Geschossen der Patentjustiz ausgesetzt", falls sie patentgeschützten Code nur im Netz bereithalten würden. Die Anbieter könnten genauso behandelt werden wie die "Lieferanten von Industriegütern". Der FFII vermisst ferner die vom Parlament eingeführte Interoperabilitätsklausel, die der Monopolisierung technischer Standards entgegenwirken sollte. Zudem würden Patentinhaber dem Rat zufolge nicht mehr angehalten, ihre geschützten Programmtexte im Interesse der Öffentlichkeit zu publizieren.

Die "völlige Begriffsverwirrung", die Pilch in das neue Papier eingewebt sieht, ist nach Ansicht des FFII strategisch angelegt. Es handele sich um ein Signal, erklärte Pilch gegenüber heise online, die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts und deren weit gefasste Patentierungspraxis als den eigentlichen Maßstab für die Zukunft zu etablieren: "Die Ratsgruppe scheint die Richtlinie insgesamt beerdigen zu wollen". Danach könne Artikel 52 des Europäischen Patentübereinkommens, der bislang Schutzansprüche auf Programme "als solche" zumindest dem Wortlaut nach verbietet, von einer europäischen Regierungskonferenz gestrichen werden. Um dies zu verhindern, wäre es dem FFII am liebsten, wenn neben dem Europaparlament auch die Abgeordneten auf nationaler Ebene bereits jetzt über Entschließungsanträge stärker Einfluss auf den Brüsseler Gesetzgebungsprozess nehmen würden. (Stefan Krempl) / (jk/c't)

Quelle: Heise.

Der FFII plant eine Demonstration am 14.4.2004 in Brüssel im Rahmen einer Konferenz, kommt ihr da hin? Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich da hinkommen soll und ähnliches, mir liegt aber viel daran, an der Demo teilzunehmen.

Auf jeden Fall sollte jeder von euch die Petition gegen Softwarepatente unterzeichnen(falls nicht bereit geschehen):
http://petition.eurolinux.org/index.html

Gruss,
Michael.

nobody0
23-02-2004, 23:01
Naja, bisher habe ich nur zwei deutsch Patente (keine Software-P., Nr. 198 36 708 u. 199 26 640 + einige Marken), aber wenn es reine Software-Patente gibt, könnte ich auch jede Woche ein Software-Patent anmelden; man weiß ja als Programmierer was Firmen ankündigen, so dass man schon mal vorsorglich patentieren lassen kann um dann abzukassieren ;)

SeeksTheMoon
24-02-2004, 01:24
ich dachte, Softwarepatente wären endlich Schnee von gestern, aber irgendein EU-Schaf muss das Gras wieder abmähen.
Wenn Firmen Geld mit Code machen sollen, dann sollen sie ihn geheim halten oder lizensieren, so wie bisher.
Alles andere verhindert den Fortschritt!
Was soll man denn machen, wenn man keine Anwendungen schreiben darf, weil Firma X ein Patent auf klickbare Buttons, Firma Y auf Hyperlinks und Firma Z auf Dateizugriffe hat?

Vielleicht fällt (beispielsweise) SCO noch ein, dass (weil C ja durch Unix entstanden ist) alle C-Programmierer Patentgebühren für jede Codezeile latzen müssen. Oder Xerox fordert von Apple, MS, KDE und Gnome Gebühren für grafische Benutzeroberflächen.

Spätestens wenn das geschieht kann man sich als Programmierer/Wissenschaftler/Angestellter doch die Kugel geben oder zu den Amish-People gehen, bei denen Pferde-Kutschen die modernste Technik sind. (Hoffentlich hat niemand das Patent auf das Speichenrad in der Tasche)

Dieser Text wurde mit einem Hypertext Markup Language Formular (TM) in einem unlizensierten Web-Browser (TM) erstellt, der in C (TM) programmiert wurde, nachdem er mit UML (TM) geplant wurde.
Emoticons (TM) lass ich mal weg, das wird mir sonst zu teuer wenn sie mich erwischen. (das sind sogar gifs - möglicherweise LZW komprimiert)

ich klink mich aus -- *bizzt*

tuxipuxi
24-02-2004, 11:49
Original geschrieben von nobody0
Naja, bisher habe ich nur zwei deutsch Patente (keine Software-P., Nr. 198 36 708 u. 199 26 640 + einige Marken), aber wenn es reine Software-Patente gibt, könnte ich auch jede Woche ein Software-Patent anmelden; man weiß ja als Programmierer was Firmen ankündigen, so dass man schon mal vorsorglich patentieren lassen kann um dann abzukassieren ;)

wo kann man die beschreibungen deiner patente einsehen?

cybercrow
24-02-2004, 18:31
Original geschrieben von tuxipuxi
wo kann man die beschreibungen deiner patente einsehen?

Hier kannst du nach Patenten suchen, die Nummern hat er ja angegeben:
http://depatisnet.dpma.de/

tuxipuxi
24-02-2004, 18:58
Original geschrieben von cybercrow
Hier kannst du nach Patenten suchen, die Nummern hat er ja angegeben:
http://depatisnet.dpma.de/
danke.

@nobody0:
"VERFAHREN ZUR ERZEUGUNG VON ECHTEN ZUFALLSZAHLEN SOWIE ZUFALLSZAHLENGENERATOR " hab ich mich versucht oder ist das ein schlechter scherz von dir?
das ist eindeutig ein patent der schlimmsten sorte.

nobody0
24-02-2004, 20:32
@tuxipuxi:
Nein, denn es ist eine komplizierte Anwendung des zentralen Grenzwertsatzes und korrelationsfreie echte Zufallsahlenfolgen zu erzeugen ist ein hartes Problelm.
Zudem ist es besser als irgendwelche Schaltungen, z. B. mit Geigerzähler + reichlich Radioaktivität, und das Patent ist ja eingeschränkt auf einige Bereiche.

tuxipuxi
24-02-2004, 21:17
Original geschrieben von nobody0
@tuxipuxi:
Nein, denn es ist eine komplizierte Anwendung des zentralen Grenzwertsatzes und korrelationsfreie echte Zufallsahlenfolgen zu erzeugen ist ein hartes Problelm.
Zudem ist es besser als irgendwelche Schaltungen, z. B. mit Geigerzähler + reichlich Radioaktivität, und das Patent ist ja eingeschränkt auf einige Bereiche.

Aus Interesse: Wie lange hast du gebraucht um dieses Verfahren zu entwickeln? Hast du das für deinen Arbeitgeber gemacht oder in deiner Freizeit? Aus welchem Grund hast du das zum Patent angemeldet?

Bitte nicht als Flamefrage auffassen, das interessiert mich wirklich.

peschmae
24-02-2004, 22:02
und vielleicht: Was bringt dir das Patent?

MfG Peschmä

nobody0
24-02-2004, 23:27
@tuxipuxi u. A.:
Ich habe das als Spin-Off meiner Doktorarbeit in meiner Freizeit rund ein Jahr entwickelt (nebenbei) u. selber bezahlt.
Bisher brachte es einen Arbeitsplatz u. ein bischen Geld, das bisher nur die Kosten deckt.